Hilfe, ich soll zum Betriebsarzt?
Nach dem Ende des Lockdowns stellt sich für viele Kolleginnen und Kollegen die Frage, ob sie zu einer "Risikogruppe" gehören und welche Folgen das für ihren beruflichen Einsatz hat. Es reicht nicht, über 60 zu sein um z.B. der Arbeit fernzubleiben und das Recht auf Homeoffice oder, so das nicht möglich ist, die bezahlte Freistellung einzufordern.
Zunächst einmal muss der Haus- oder Facharzt die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe anhand des vorliegenden Krankheitsbildes attestieren. Dabei geht es darum festzustellen, dass eine Infektion mit Covid 19 für den/die Betreffende/n voraussichtlich schwer oder sehr schwer verlaufen und Folgeschäden nach sich ziehen könnte.
Und sinnvoll ist, wenn der attestierende Arzt auf dem Attest vermerkt, welche Tätigkeiten nicht ausgeübt werden können, ohne dabei selbstverständlich das Krankheitsbild zu benennen. Das kann z.B. Publikumsverkehr sein, die Nähe zu Kindern wie bei ErzieherInnen, wo sich der Sicherheitsabstand und insgesamt die Hygienevorschriften nicht einhalten lassen. Damit kann der Arbeitgeber dann Maßnahmen des Arbeitsschutzes für den/die betreffende Mitarbeiter/-in entwickeln. Das kann Homeoffice sein, die Unterbringung in einem Einzelbüro, Schichtbetrieb für das Büro, Vermeidung oder sichere Gestaltung des Publikumsverkehrs. Das kann auch Homeoffice sein oder, wo gar nichts möglich ist, die Freistellung.
Da und dort sind MitarbeiterInnen aufgefordert worden, den Betriebsarzt zu kontaktieren. Das hat zu Ängsten und Sorgen geführt. Deshalb hier die Klarstellung:
- Der Betriebsarzt darf nicht das Attest des erstellenden Arztes in Frage stellen.
- Er/sie darf auch nicht den Arzt um Auskunft bitten ohne die ausdrückliche Entbindung von der Schweigepflicht zu bekommen.
Er/sie will das auch gar nicht. Betriebsärztliche Aufgabe ist es, zusammen mit dem Kollegen, der Kollegin, dem/der die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe attestiert wurde, Möglichkeiten zu entwickeln, wie die Arbeitskraft möglichst risikofrei eingebracht werden kann. Dazu bittet der Betriebsarzt um Auskünfte zum Gesundheitszustand, die man auch nicht beantworten muss. Natürlich macht es Sinn, den Gesundheitszustand des Kollegen zu kennen um Maßnahmen zum Schutz zu entwickeln. Die Ergebnisse werden dann den betreffenden MitarbeiterInnen ausgehändigt, die selbst entscheiden können, ob sie das dem Arbeitgeber weitergeben. Die zu treffenden Maßnahmen des Arbeitsschutzes ermöglichen dem Arbeitgeber, diese dann zielführend umzusetzen.
Hier noch mal ein Auszug aus dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) zu den Aufgaben des Betriebsarztes:
Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit
§ 3 Aufgaben der Betriebsärzte
(1) Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Sie haben insbesondere
1. den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei
a) der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen,
b) der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen,
c) der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln,
d) arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere des Arbeitsrhythmus, der Arbeitszeit und der Pausenregelung, der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung,
e) der Organisation der "Ersten Hilfe" im Betrieb,
f) Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozeß,
g) der Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
2. die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten,
3.die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit
a) die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken,
b) auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten,
c) Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorzuschlagen,
4. darauf hinzuwirken, daß sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer in "Erster Hilfe" und des medizinischen Hilfspersonals mitzuwirken.
(2) Die Betriebsärzte haben auf Wunsch des Arbeitnehmers diesem das Ergebnis arbeitsmedizinischer Untersuchungen mitzuteilen; § 8 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt.
(3) Zu den Aufgaben der Betriebsärzte gehört es nicht, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen.